Au?erdem steht Rubys Tasche total auff?llig auf meinem Schreibtisch.
Ruby blickt sich um und wirkt unentschlossen. Letztlich nimmt sie auf dem kleineren der beiden Sofas Platz. Mein Pulli liegt auf ihrem Scho?.
Wieso kommt mir das Zimmer mit einem Mal so verflucht warm vor? Ich glaube, ich brauche dringend einen Schluck Wasser.
?M?chtest du was trinken??, frage ich.
?Nein, danke.?
Ich schenke mir Wasser ein, doch als ich das Glas hochheben will, merke ich, dass meine Hand zittert. Also lasse ich es auf dem Schreibtisch stehen und sehe stattdessen Ruby an.
Sie schweigt.
?Hattet ihr einen sch?nen Abend??, versuche ich nach ein paar Minuten krampfhaft die Stille zwischen uns zu durchbrechen.
Ruby zieht die Brauen zusammen. ?Ja?, sagt sie nur.
Mehr nicht.
Es ist mir noch nie so schwergefallen, die richtigen Worte zu finden wie in dieser Sekunde. Es kommt mir vor, als h?tte ich vergessen, wie man vernünftige S?tze bildet. Nachdem ich so viel darüber nachgedacht habe, was ich Ruby alles sagen m?chte, befindet sich jetzt ein schwarzes Loch in meinem Kopf, das immer gr??er wird, je l?nger wir uns schweigend gegenübersitzen. Ich kann Ruby einfach nur ansehen. Der Wunsch, mich neben sie zu setzen, ist überw?ltigend. Aber ich k?mpfe dagegen an und ziehe stattdessen den Schreibtischstuhl zur Couch, sodass ich ihr gegenübersitze und wir uns ansehen k?nnen.
?Wir haben vorhin unsere Vors?tze aufgeschrieben?, sagt Ruby irgendwann.
Ich warte, bis sie weiterspricht.
?Dabei ist mir aufgefallen, dass es noch zu viele Dinge gibt, die zwischen uns ungekl?rt sind. Ich kann so nicht mit einem guten Gefühl ins neue Jahr starten.?
Mein Puls geht in die H?he. Darauf war ich definitiv nicht vorbereitet. Ich muss mich r?uspern. ?Okay.?
Ruby senkt den Blick auf den Pullover in ihrem Scho?. Sie streicht mit der Hand über den Stoff, eine gedankenverlorene Geste. Dann nimmt sie ihn in die Hand und legt ihn auf den kleinen runden Tisch, der zwischen uns steht.
Sie sieht auf, und unsere Blicke treffen sich. Ich kann die verschiedensten Emotionen in ihren Augen erkennen: Trauer. Schmerz. Und nicht zuletzt ein Funke Wut, der gr??er wird, je l?nger ihr Blick auf mir verweilt.
?Ich bin so unfassbar entt?uscht von dir, James?, flüstert sie pl?tzlich.
Meine Brust zieht sich schmerzhaft zusammen. ?Ich wei??, flüstere ich zurück.
Sie schüttelt den Kopf. ?Nein. Du wei?t nicht, wie sich das angefühlt hat. Du hast mir das verdammte Herz rausgerissen. Und ich hasse dich dafür.?
?Ich wei??, wiederhole ich mit belegter Stimme.
Ruby holt tief Luft. ?Aber ich liebe dich auch, und das macht das Ganze so viel schwerer.?
?Ich …? Erst nach ein paar Sekunden realisiere ich, was sie gerade gesagt hat. Sprachlos starre ich sie an.
Doch Ruby spricht einfach weiter, als w?ren ihre Worte nicht bedeutungsvoll gewesen. ?Ich glaube nicht, dass das mit uns jemals funktioniert h?tte. Es war sch?n, auch wenn wir nur diese kurze Zeit miteinander hatten, aber jetzt muss ich …?
?Du liebst mich??, wispere ich.
Ruby zuckt zusammen. Dann setzt sie sich kerzengerade hin. ?Das ?ndert nichts. Die Art, wie du mich behandelt hast … Du hast eine andere geküsst, am Tag nachdem wir miteinander geschlafen haben.?
?Es tut mir so leid, Ruby?, sage ich eindringlich, auch wenn ich wei?, dass meine Worte nicht genug sind.
?Und es ?ndert auch nichts an meinem Vorhaben, das kommende Jahr ohne dich zu beginnen?, f?hrt Ruby fort.
Der Schmerz, den ihre Worte mir bereiten, raubt mir schier den Atem. Ich kenne Ruby. Wenn sie sich ein Ziel gesteckt hat, verfolgt sie es und l?sst sich von niemandem davon abbringen. Sie ist hier, um mit mir abzuschlie?en.
?Das wird nie wieder … Ich werde so etwas nie wieder tun?, sto?e ich atemlos hervor.
?Das hoffe ich für deine n?chste Freundin wirklich sehr.?
Ich merke, wie Panik in mir aufsteigt. ?Es wird keine andere geben, verdammt!?
Sie schüttelt nur den Kopf. ?Das mit uns h?tte doch ohnehin niemals funktioniert, James. Seien wir ehrlich.?
?Wieso sagst du das?? Meine Stimme bebt vor Verzweiflung. ?Natürlich h?tte es das.?
Ruby steht auf und streicht mehrmals mit den H?nden über ihren karierten Rock. ?Ich muss nach Hause, meine Eltern warten.? Sie geht zur Tür, und das Wissen, sie nicht vom Gehen abhalten zu k?nnen, bringt mich beinahe um. Ich starre sie an, unf?hig, mich zu bewegen. Dieser Moment fühlt sich wie ein endgültiger Abschied an, und dafür bin ich nicht bereit. ?Ich brauche einen klaren Schnitt. Kannst du das nachvollziehen??, fragt sie und wirft mir mit der Hand am Türknauf einen Blick über die Schulter zu.
Ich nicke, obwohl alles in meinem K?rper das Gegenteil schreit. ?Ja, das verstehe ich.?