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Save You (Maxton Hall, #2)(10)

Author:Mona Kasten

Tief hole ich Luft und lasse sie langsam wieder entweichen. Gar nicht so schwer.

?Was passiert mit mir?? Diese Worte zu flüstern ist so anstrengend, dass es sich danach anfühlt, als h?tte ich sie gebrüllt.

Rubys Hand h?lt inne. ?Du trauerst?, gibt sie genauso leise zurück.

?Aber wieso??

Eben habe ich vergessen zu atmen – jetzt geht mein Atem viel zu schnell. Ruckartig setze ich mich auf. Mein Brustkorb tut weh, ebenso meine Gliedma?en, die sich anfühlen, als h?tte ich zu viel Sport getrieben. Dabei habe ich in den letzten Tagen nichts getan, als zu verdr?ngen, was gerade mit meinem Leben geschieht.

?Wieso was?? Ihr Blick ist warm, und ich frage mich, wie sie es schafft, mich so anzusehen.

?Wieso ich traurig bin, meine ich. Ich mochte meine Mum nicht mal besonders.?

Noch ehe ich die Worte ausgesprochen habe, erstarre ich. Habe ich das gerade wirklich gesagt?

Ruby greift nach meiner Hand und h?lt sie fest. ?Du hast deine Mutter verloren. Es ist normal, v?llig fertig zu sein, wenn jemand stirbt, der einem so wichtig ist.?

Sie klingt nicht so sicher und überzeugt wie sonst. Ich glaube, Ruby hat selbst keine Ahnung, wie man sich in einer solchen Situation verh?lt. Dass sie dennoch hier ist und es versucht, kommt mir beinahe vor wie ein Traum.

Vielleicht ist es ja sogar einer.

?Was ist hier passiert??, wispert sie pl?tzlich und hebt vorsichtig meine rechte Hand hoch.

Ich folge ihrem Blick. Meine Kn?chel sind dort, wo sie aufgeplatzt sind, noch immer blutverschmiert, die restliche Haut ist voller roter und blauer Flecken.

Vielleicht ist es doch kein Traum. Oder wenn, dann ein sehr realistischer.

?Ich habe meinen Vater geschlagen.? Die Worte kommen ohne jegliche Wertung aus meinem Mund. Ich fühle nichts, als ich sie ausspreche. Noch etwas, was verkehrt mit mir ist. Schlie?lich wei? jeder halbwegs normale Mensch, dass man die Hand niemals gegen seine Eltern erhebt. Aber dieser Moment, in dem mein Vater Lydia und mir die Nachricht von Mums Tod überbracht hat – so tonlos und kalt –, das war der Moment, in dem ich einfach nicht mehr konnte.

Ruby hebt meine Hand an ihren Mund und drückt ihre Lippen auf meinen Handrücken. Mein Herz f?ngt an, schneller zu schlagen, und ein Zittern geht durch meinen K?rper. Ihre Berührung tut so gut, auch wenn ihre Sanftheit mich fertigmacht. Alles daran fühlt sich falsch und richtig zugleich an.

Meine Eltern haben mir schon als Kind eingetrichtert, dass ich mir meine Gefühle nicht anmerken lassen darf. So lernen einen die Mitmenschen n?mlich kennen und k?nnen einen ab einem gewissen Punkt einsch?tzen. Sobald man Schw?che zeigt, macht man sich angreifbar – und das kann man sich als Gesch?ftsführer eines gro?en Unternehmens nicht leisten. Aber sie haben mich nicht auf eine solche Situation vorbereitet. Was tut man, wenn man mit achtzehn Jahren seine Mutter verliert? Für mich hat es darauf nur eine Antwort gegeben: Man versucht, die Wahrheit mit Alkohol und Drogen zu verdr?ngen und so zu tun, als w?re das alles nicht geschehen.

Doch jetzt, wo Ruby bei mir ist, bin ich mir nicht mehr sicher, ob ich so weitermachen kann. Ich lasse meinen Blick über ihr Gesicht wandern: über ihr leicht zerzaustes Haar und runter bis zu ihrem Hals. Ich erinnere mich noch genau daran, wie es war, meine Lippen auf die weiche Haut ihrer Kehle zu drücken. Wie überw?ltigend es sich angefühlt hat, sie zu halten. In ihr zu sein.

Jetzt sieht sie genauso traurig aus, wie ich mich fühle. Ich wei? nicht, ob sie nur an meine Mum denkt oder auch daran, wie sehr ich sie verletzt habe.

Aber es gibt eine Sache, die ich ganz bestimmt wei?: Ruby hat mein Verhalten nicht verdient. Sie hat mir immer das Gefühl gegeben, alles schaffen zu k?nnen. Und ganz gleich, was geschehen ist … Ich h?tte niemals zulassen dürfen, dass Elaine mich küsst, nur um mir selbst und allen anderen zu beweisen, dass ich ein gefühlskaltes Arschloch bin, dem nichts nahegeht – nicht einmal der Tod der eigenen Mutter. Ruby auf diese Weise von mir zu sto?en war feige. Und es war der gr??te Fehler, den ich je in meinem Leben begangen habe.

?Es tut mir leid?, sage ich heiser. Meine Kehle fühlt sich wie eingerostet an, und es kostet mich gro?e Mühe zu sprechen. ?Es tut mir so leid, was ich getan habe.?

Rubys gesamter K?rper versteift sich. Minuten vergehen, in denen sie sich nicht regt. Ich glaube, sie hat sogar aufgeh?rt zu atmen.

?Ruby …?

Sie schüttelt nur den Kopf. ?Nicht. Deswegen bin ich nicht hier.?

?Ich wei?, was für einen Fehler ich gemacht habe, ich –?

?James, h?r auf?, flüstert sie eindringlich.

?Ich wei?, dass du keinen Grund hast, mir zu verzeihen. Aber ich …?

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